Im Folgenden stellen wir den Weg eines Flüchtlings nach seiner Ankunft in Deutschland exemplarisch am Beispiel eines erwachsenen, gesunden Flüchtlings ohne Familie mit Fokus auf die Gegebenheiten in Dortmund dar. Die Beschreibung ist idealtypisch, um einen Einblick in die notwendigen Abläufe zu geben – in der Realität kann es an vielen Stellen zu Problemen und Verzögerungen kommen.
Der Flüchtling kommt beispielhaft mit dem Zug in München an
Die Bundespolizei greift ihn auf. Da er sich in der Regel nicht mit gültigen Einreisedokumenten ausweisen kann, ist er illegal eingereist. Die Polizei befragt ihn dazu, was er in Deutschland will und nimmt ggf. die Dokumente an sich. Die Dokumente (Geburtsurkunde, Reisepass) des Flüchtlings sollen ihm bei seinem folgenden Weg „nachreisen“.
Der Flüchtling erklärt Asyl beantragen zu wollen.
Die Bundespolizei nimmt das Asylgesuch auf und bringt den Flüchtling in die Erstaufnahmeeinrichtung des Bundeslandes, in dem er angekommen ist (in diesem Fall EAE Bayern – München).
In der Erstaufnahmeeinrichtung wird der Flüchtling von der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) registriert. Seine Daten werden an die Bezirksregierung weitergeleitet.
Der Flüchtling ist jetzt nicht mehr illegal in Deutschland. Sein Status lautet nun: Asylsuchender.
Der Asylsuchende erhält einen Ankunftsnachweis (AKN). Dieser bescheinigt seine Registrierung in Deutschland und enthält neben einer Identifikationsnummer die wichtigsten Daten zur Person und Angaben über die zuständige Aufnahmeeinrichtung. Er berechtigt die Inhaber dazu, Leistungen (Unterbringung, Versorgung, Gesundheit) zu beziehen.
Für den weiteren Weg ist die Bezirksregierung die zentrale Stelle: Sie koordiniert die Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer je nach Kapazität (nach dem Königsteiner Schlüssel).
Der Flüchtling in unserem Fall soll nach NRW kommen. Das teilt die Bezirksregierung der ZAB mit.
Er bekommt ein Bahnticket und fährt nach Dortmund oder Bielefeld, abhängig von seinem Herkunftsland. In unserem Fall reist er nach Dortmund.
Flüchtlinge, die neu in Dortmund ankommen, müssen sich derzeit noch bei der Erstaufnahmeeinrichtung an der Buschmühle melden, Mitte 2017 soll auch diese Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) geschlossen werden. Derzeit gibt es insgesamt 5 Standorte der EAEs in NRW und weitere folgen. Dann sind folgende Städte für die Erstaufnahme zuständig
– Bezirk Arnsberg EAE Bad Berleburg
– EAE Burbach
– EAE Unna
– Bezirk Detmold EAE Bielefeld
– Bezirk Düsseldorf EAE Essen
– EAE Mönchengladbach
– Bezirk Köln EAE an Standorten in Bonn und Köln
– Bezirk Münster EAE Münster
Dort werden dem Geflüchteten die Fingerabdrücke abgenommen.
Die Bezirksregierung Arnsberg entscheidet nun, welcher „Zentralen Unterbringungseinrichtung“ der Flüchtling übergangsweise zugewiesen wird. Davon gibt es über 30; zum Beispiel in Wickede und Rüthen. Unser Flüchtling kommt nach Wickede.
Die Unterbringungseinrichtung in Wickede verfügt über ca. 400 Regelplätze. Unser Flüchtling wird in einem Mehrbettzimmer untergebracht. Er wird verpflegt und erhält Taschengeld.
Täglich werden Transfer-Listen aufgehängt. Diese erstellen die Mitarbeiter der Bezirksregierung. Dort erfahren die Flüchtlinge, welcher Kommune sie durch die Bezirksregierung zugeteilt wurden. Diese entscheidet basierend auf den Kapazitäten, die die Städte und Gemeinden täglich melden. Wenn ein Flüchtling eine familiäre Bindung nachweisen kann (bezogen auf die Kernfamilie, also eine Ehefrau, unverheiratete Kinder oder bei Minderjährigkeit die Eltern), wird er dorthin zugeteilt, wo seine Familie bereits ist.
Nach max. drei Monaten erfährt unser Flüchtling auf der Transferliste, dass er Dortmund zugewiesen wurde.
Zugleich hat die Bezirksregierung das Sozialamt der Stadt Dortmund informiert: Dieses fragt nun die ca. 10 Gemeinschaftsunterkünfte in Dortmund ab, um herauszufinden, welche geeignet sind und wo es freie Plätze gibt. Circa 1-2 Tage vor Ankunft des Flüchtlings steht fest, wo genau er hinkommt.
Der Flüchtling wird per Bus oder Taxi zu der Einrichtung in Dortmund gebracht.
Der Flüchtling kommt in der Gemeinschaftsunterkunft, zum Beispiel in der Frenzelschule in Dortmund-Hörde, an und bekommt einen Platz in einem Mehrbettzimmer.
Außerdem erhält er eine Erstausstattung, die i.d.R. aus 1 kleinem Topf, 1 Glas, 1 Besteck, 1 Teller, 1 Decke, 1 Kissen und 1 Bettbezug besteht.
Ein Mitarbeiter der Unterkunft nimmt alle Dokumente des Flüchtlings, insbesondere den Auskunftsnachweis, im Original an sich.
Der Mitarbeiter geht mit dem Nachweis zur Ausländerbehörde und meldet die Ankunft des Flüchtlings.
Nach circa einer Woche kann der Mitarbeiter bei den Bürgerdiensten oder der Ausländerbehörde die Meldebescheinigung abholen.
ACHTUNG: Im weiteren Ablauf ist entscheidend, dass der Flüchtling verpflichtet ist, jedes neue Dokument der Ausländerbehörde zu zeigen, und zwar selbstständig.
Bei der Ankunft erhält der Flüchtling Monatsgeld, die sogenannten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diese sind niedriger als Hartz IV, werden durch das Sozialamt angewiesen und einmalig in bar ausgezahlt. Für die weiteren Zahlungen eröffnet ein Mitarbeiter der Einrichtung mit dem Flüchtling ein Konto. Wenn er in einer Einrichtung untergebracht ist, die Catering und damit alle Mahlzeiten zur Verfügung stellt, erhält der Flüchtling ein Taschengeld. Wenn er in eine Einrichtung kommt, in der er sich selbst versorgen muss, erhält er die gesamten Leistungen die ihm nach AsylbLG zustehen.
Der Flüchtling muss nun persönlich beim Sozialamt vorstellig werden und die Meldebescheinigung sowie die Kontonummer vorlegen, um sicherzustellen, dass er weiterhin seine Leistungen erhält.
Im Krankheitsfall erhält der Flüchtling einen Krankenschein für akut notwendige Behandlungen.
Ab jetzt darf der Flüchtling sich in Dortmund eine Wohnung suchen. Was er dabei unbedingt beachten muss, erfährt er beim Sozialamt. Die Mitarbeiter des Sozialamtes sind ein- bis zweimal wöchentlich in den Gemeinschaftsunterkünften und informieren die Bewohner über alle relevanten Angelegenheiten.
Grundsätzlich sollte der Flüchtling eine Asylverfahrens- und Flüchtlingsberatung z.B. der Diakonie in Anspruch nehmen, um umfassend über seine Rechte und Pflichten aufgeklärt zu werden.
Der Flüchtling muss nun bei einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag stellen. In NRW befinden sich diese zum Beispiel in Bad Berleburg, Burbach, Bochum, Dortmund/Bochum, Düsseldorf, Essen und Unna.
Deswegen kontaktiert die Ausländerbehörde die Koordinierungsstelle der Bezirksregierung Arnsberg, die für die Terminvergabe beim BAMF zuständig ist. Die Koordinierungsstelle setzt den Flüchtling auf eine Warteliste und weist ihm schließlich einen Termin zu.
Die Ausländerbehörde wird über den Termin informiert und leitet diesen an die Gemeinschaftseinrichtung weiter. In der Einrichtung werden täglich Listen ausgehängt, durch die der Flüchtling von seinem Termin erfährt.
Wenn der Termin nicht durch die Ausländerbehörde bekannt gegeben wird, dann erhalten die Betroffenen Personen eine Einladung des Bundesamtes zum Anhörungstermin. Dies hängt mit den Zugangszahlen zusammen.
Für seinen Termin im Ankunftszentrum Dortmund, der Außenstelle des BAMF, muss der Flüchtling voraussichtlich viel Zeit mitbringen. Das Wichtigste: Jetzt kann der Flüchtling seinen Asylantrag stellen. Hierzu wird erneut seine Identität per Fingerabdruck festgestellt.
Für die Dauer des Asylverfahrens erhält der Flüchtling eine Aufenthaltsgestattung als Ausweisersatzdokument.
ACHTUNG: Bis zur Entscheidung über den Asylantrag muss die Aufenthaltsgestattung alle drei Monate (in manchen Fälle auch alle 6 Monate) in der Ausländerbehörde verlängert werden. Das verlängerte Dokument muss zudem dem Sozialamt vorgelegt werden, damit der Flüchtling weiterhin die Geldleistungen erhält.
Mit der Aufenthaltsgestattung und einer zusätzlichen Genehmigung der Ausländerbehörde darf der Flüchtling jetzt eine Arbeit aufnehmen oder eine Ausbildung beginnen. Hierzu gibt es gesonderte Fristen. Die Genehmigung zur Arbeitsaufnahme liegt im Ermessen der Ausländerbehörden.
Der Status des Flüchtlings lautet nun: Asylantragsteller
Über den Asylantrag entscheidet das BAMF. Das Verfahren besteht aus einer Anhörung, dem sogenannten Interview, und der Entscheidung.
Das Interview findet entweder unmittelbar bei dem ersten Termin im BAMF statt. In der Regel bekommt der Geflüchtete aber einen neuen Termin.
Entscheidend ist: Das Interview muss sehr gut vorbereitet werden. Es ist die einzige Chance, Fluchtgründe zu benennen, die eine dauerhafte Aufnahme in Deutschland und die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ermöglichen.
Entsprechend ist es dringend geboten, Hilfe bei der Vorbereitung in Anspruch zu nehmen: So bietet beispielsweise das Diakonische Werk in der Rolandstraße 10 und an der Buschmühle eine Verfahrensberatung an, die auch Flüchtlinge wahrnehmen können, die in anderen Einrichtungen untergebracht sind. Hier sollte schnellstmöglich ein Termin vereinbart werden.
Kontakt:
TEAM Migration/Asyl/Flucht
E-Mail: migration@diakoniedortmund.de
Verfahrensberatung für UMA
Ursula Burmann
burmann@diakoniedortmund.de
Verfahrens- und Flüchtlingsberatung
Monika Neise
neise@diakoniedortmund.de
Svenja Wachauf
wachauf@diakoniedortmund.de
Wilhelm Willeke
w.willeke@diakoniedortmund.de
Termine werden zentral vergeben
0231 – 84 94 621 (Zentrale)
Bei dieser Beratung erfährt der Flüchtling, welche Informationen notwendig sind: Er muss individuelle, detaillierte und nachvollziehbare Gründe für seine Flucht nennen. Das Allerwichtigste ist aber: Sie müssen der Wahrheit entsprechen!
Zu dem Interview im BAMF darf der Flüchtling durch eine Begleitperson begleitet werden, diese muss aber vorab angemeldet werden!
Bei dem Interviewtermin müssen die Betroffenen mit sehr langen Wartezeiten rechnen und sich darauf einstellen, ggf. nicht dranzukommen.
Das Interview wird in Anwesenheit eines Dolmetschers geführt. Es ist ratsam, dass der Flüchtling um Rückübersetzung bittet, bevor er die Ausführungen unterschreibt.
Einige Zeit später bekommt der Flüchtling die Entscheidung des BAMF: In unserem Fall wurden seine Gründe anerkannt; ihm wird Flüchtlingsschutz in Deutschland gewährt.
Sein Status: Anerkannter Flüchtling
Der neue Status bringt u.a. eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung mit sich (aufgeteilt in 1+2 Jahre). Außerdem greift nun eine Sonderregel, der zufolge i.d.R. ein Familiennachzug innerhalb von drei Monaten möglich ist. Zudem bezieht der Flüchtling jetzt Leistungen von dem städtischen Jobcenter in Höhe des aktuellen ALG II-Satzes und erhält eine Krankenversicherungskarte.
An diesem Punkt ist es unbedingt geboten, eine Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer in Anspruch zu nehmen, um über die wichtigsten Fragen des Alltags und Aufenthalts sowie insbesondere die der Familienzusammenführung aufgeklärt zu werden. Diese bieten fast alle Träger in Dortmund an; einen Überblick finden Sie auf der Seite der Stadt Dortmund hier und in dem mehrsprachigen Flyer.
Der nächste Schritt ist die Beantragung des sogenannten Aufenthaltstitels bei der Ausländerbehörde.
Der Flüchtling geht nun zur Ausländerbehörde, um seinen Aufenthaltstitel zu klären. Diese Klärung kann erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Entscheidung des Bundesamtes muss rechtskräftig sein. I.d.R. muss die Anerkennung auch die Ausländerbehörde postalisch erreicht haben, damit diese tätig werden kann. Hier kann es zu einigen Verzögerungen kommen. Um aber Leistungen beantragen zu können, kann die Ausländerbehörde eine vorläufige Bescheinigung ausstellen. Bei erfolgreicher Beantragung des Aufenthaltstitels, erhält der Flüchtling in jedem Fall die Bescheinigung, dass der Aufenthaltstitel beantragt ist.
Mit dem Nachweis, als Flüchtling anerkannt zu sein, und der Bescheinigung, dass er einen Aufenthaltstitel beantragt hat, einer Meldebescheinigung sowie der Leistungseinstellung des Sozialamtes wendet sich der Flüchtling an das Jobcenter: Ab sofort bezieht er von dort Leistungen in Höhe des aktuellen ALG II-Satzes. Er darf nun arbeiten, sowohl als Angestellter als auch als Selbstständiger.
Per Brief wird der Flüchtling in unserem Fall schließlich darüber informiert, dass er seinen Aufenthaltstitel abholen kann. Mit dem Begriff „Titel“ ist ein Ausweisdokument gemeint, das optisch dem aktuellen Personalausweis ähnelt.
Bei der Ausländerbehörde kann der Flüchtling seinen Aufenthaltstitel sowie einen Flüchtlingspass abholen, mit dem er überall hinreisen kann außer in sein Herkunftsland. ACHTUNG: Diese Dokumente werden nur ausgehändigt, wenn die Identität des Flüchtlings eindeutig geklärt werden kann und alle dafür notwendigen Dokumente wie z.B. sein Reisepass vorliegen und abgegeben werden.
Fortan werden die Integrationsbemühungen des Flüchtlings geprüft: So besteht ab dem 1.1.2017 für ihn die Pflicht, einen Integrationskurs zu besuchen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, drohen Sanktionen wie z.B. Leistungskürzungen. Generell wird die Ausländerbehörde bei jeder Verlängerung eines Aufenthaltsdokuments nachfragen, was der Flüchtling für seine Integration unternommen hat – wie zum Beispiel sein Sprachniveau ist, ob er seinen Lebensunterhalt selbst sichern kann.
Nach drei Jahren Flüchtlingsanerkennung gilt die Aufenthaltsgenehmigung (unter bestimmten Auflagen) unbefristet.
Die Informationen entsprechen dem Wissenstand von März 2017. Wir haben für diese Darstellung mit Experten gesprochen und danken insbesondere Ilda Kolenda von der Diakonie Dortmund für Ihre Unterstützung. Wir sind mit größtmöglicher Sorgfalt vorgegangen, um die Situation korrekt und umfassend aufzuzeigen. Gleichwohl übernimmt das Netzwerk „Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe Dortmund“ keinerlei Verantwortung dafür, dass die dargestellten Sachverhalte von Behörden etc. genau wie beschrieben behandelt werden. Sollten Sie allerdings einen Sachfehler finden, freuen wir uns, wenn Sie uns an info@gefluechtete-dortmund.de schreiben, so dass wir ihn korrigieren können.